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Bei der ersten Volkszählung im Jahre 1808 sind im heutigen Kreisgebiet insgesamt 340 Juden registriert: Binningen 50, Beilstein 47, Cochem 42, Treis 29, Zell 23, Lütz 22, Brohl 21, Merl 21, Bruttig 19, Bullay 15, Klotten 12, Ediger-Eller 10, Senheim 7, Briedern 6, Roes 5, Alf 4.

Der Namensgebung war am 17. März 1808 ein kaiserlicher Erlaß »Dekret infame« vorausgegangen, der die Bürgerrechte der Juden, insbesondere die Gewerbefreiheit, beträchtlich einschränkte. Danach war den Juden der Handel nur erlaubt, wenn sie vom zuständigen Präfekten ein bewilligtes Patent vorweisen konnten. Diese jährlich zu erneuernden Patente wurden nur dann erteilt, wenn zuvor das erforderliche Leumunds- oder Moralitätszeugnis durch das zuständige jüdische Konsistorium und den zuständigen Munizipalrat der Mairie (Großgemeinde) positiv ausgefallen war.


Das preußische Judengesetz

Nach dem Sieg über Napoleon fiel der nördliche Teil der annektierten linksrheinischen Territorien an Preußen. Die Bestimmungen des napoleonischen Dekrets von 1808 blieben noch drei Jahrzehnte in Kraft, während sich die Geltung des preußischen Edikts über die Judenemanzipation vom 11.3.1812 nur auf die alten Provinzen erstreckte.46
Generell läßt sich zur Rechtsstellung der Juden in den linksrheinischen Gebieten der Rheinprovinz sagen, daß die preußischen Behörden dazu neigten, das überkommene französische Recht anzuwenden, soweit es restriktiver war als das preußische Recht, es jedoch auszuhöhlen, soweit es fortschrittlicher war. So mußten linksrheinische Juden einerseits weiterhin jährlich um Moralitätszeugnisse und Handelspatente einkommen, andererseits wurden ihnen unter Hinweis auf das preußische Recht wichtige staatsbürgerliche Rechte (z.B. die Bekleidung öffentlicher Ämter) abgesprochen, die ihnen das napoleonische Dekret belassen hatte.
Ein bekanntes Beispiel ist der Vater von Karl Marx, der nach Übernahme der preußischen Regierung als Jude seinen Beruf als Anwalt und Notar nicht ausüben durfte. Er konvertierte deshalb zum protestantischen Glauben.
Jahr für Jahr prüfte der Rat der Großgemeinde, ob die ortsansässigen Juden ein Patent erhielten und so ihren Beruf weiter ausüben durften. Im Jahre 1834 ist dokumentiert, daß Salomon Vernig, der 24jährige Sohn des Samuel Vernig aus Klot

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