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wir dem Führer ...« Maria Arenz, die damals dem Kirchenchor angehörte, der »durch seine gesanglichen Darbietungen zur Verschönerung der Feier besonders beigetragen hat«, kann sich noch genau an diesen Tag im März 1936 erinnern, auch daran, daß man mit Hakenkreuzen versehene Dokumente in den Grundstein einmauerte.8/12
Auch bei den Feierlichkeiten zur Fertigstellung des Kirchenumbaues waren die Nazi-Symbole präsent. Als das »Allerheiligste« in einer feierlichen Prozession von der Notkirche im Kolpingsaal in die fertigestellte Pfarrkirche zurückgebracht wurde, waren die Häuser mit Hakenkreuzfahnen beflaggt.

»Dem Zuge der Zeit nach Zusammenfassung aller Kräfte folgend« hatte der Spiel- und Sportverein 1921 e.V. Bullay Anfang des Jahres seine Auflösung beschlossen und seine Mitglieder aufgefordert, dem »hier außerdem noch bestehenden Eisenbahn- Turn- und Sportverein beizutreten«. Das Vermögen wurde »zu je einem Viertel dem (NS-) Winterhilfswerk, der Hitlerjugend, dem Kriegerdenkmal-Baufond und dem Kirchenbaufond zugewiesen«.13
Man lief nun den Parteifahnen hinterher, und die »Zusammenfassung aller Kräfte« funktionierte offensichtlich gut, und so konnte sich die Partei dem »Volksfeind« und »Störer der Idylle« zuwenden. Man suchte jede Möglichkeit, die jüdischen Metzger zu schikanieren und ihnen das Leben in Bullay unerträglich zu machen. »Vergessen haben es die Volksgenossen von Bullay noch nicht, daß die jüdische Metzgerei Harf nach dem Krieg einmal geschlossen werden mußte, weil der Jude ungenießbares und verdorbenes Fleisch verarbeitet hat«, so hatte man öffentlich verkündet und auch in der Presse verbreiten lassen.9
Am 26. März 1936, drei Tage vor den Neuwahlen zum Reichstag, fährt ein Sonderzug von Bullay zur »Wahlgroßkundgebung in Koblenz, auf der Reichsminister Dr. Göbbels spricht«. Zum Wahlausgang wurde im Koblenzer Nationalblatt am 30. März 1936 nach der Schlagzeile: »Der Führer rief und alle, alle kamen« und dem nebenstehenden Kommentar: »Volkes Stimme ist Gottes Stimme« auch das Resultat der Wahl für die Gemeinde Bullay festgehalten:
»Stimmberechtigte Bürger 709
für Adolf Hitler stimmten 708« (99,9%).
»Die ganze Welt erkennt: Adolf Hitler ist Deutschland«
lautet die Schlagzeile am folgenden Tag, und der Gau Koblenz-Trier ist stolz, daß er »von 35 Gauen die 7. Stelle bei den besten Ergebnissen«

Ernst Kahn (kniend), Emma (links), Walter und Gerda Kahn vor der Abreise 1936.

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