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Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Isolation nahm so zu, daß sich selbst die treuesten Kunden nicht mehr in die Läden trauten. Die Bestellungen und die Lieferungen mußten nun durch Botenbesuche bei den Kunden abgewickelt werden oder abends an der Hintertür.
Auch die bei Juden beschäftigten christlichen Hausangestellten gerieten nach und nach in eine gesellschaftliche Ächtung. »Du Juddeweib!« bekam Frau A. Hoffmann, die bei Kahns angestellt war, zu hören und es verfehlte auf Dauer nicht seine Wirkung. Sie kann sich noch nach über 60 Jahren sehr gut an einen Abend erinnern, als sie ganz allein im Haus war. Kahns waren zu ihrem guten Kunden Hotelier Andries gegangen. Sie selbst lag schon im Bett, als es plötzlich krachte, und die Schaufenster des Ladens zu Bruch gingen. Diese vorgezogene »Kristallnacht«, so erinnert sie sich, ging ihr sehr an die Nerven und auch dem Hotelier Andries fehlte nach diesem Vorfall die Courage, weiterhin sein Fleisch von Kahns zu beziehen.
»Auf einer Auslieferungsfahrt mit dem Fahrrad«, so erinnert sie sich weiter, »wurde ich von einem Parteigenossen verfolgt. Eine Kundin machte mich darauf aufmerksam und drängte mich, an ihrem Haus vorbeizufahren. Ich bin dann ganz erregt auf Umwegen wieder zur Metzgerei zurückgefahren. Das ganze Fleisch, das ich ausliefern sollte, war noch im Korb. Ich habe mich furchtbar geschämt. Ich wollte nun nicht mehr bleiben und bin dann nach diesen Zwischenfällen ausgeschieden.«7

Maria Arenz, die täglich die Milch aus der Bullayer »Donau« zu Kahns brachte, übernahm die freigewordene Position. Auch sie berichtet, wie schwierig das Geschäft für die jüdischen Metzger geworden war: »Ich habe das Fleisch in einer großen schwarzen Tasche oder in der Milchkanne heimlich und auf Seitenwegen zu den Kunden gebracht.«8
Als jedoch 1935 das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« in Kraft getreten war, das u.a. bestimmte: »Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren nicht in ihren Haushalten beschäftigen«, fand sich prompt ein Parteigenosse, der eine Anzeige machte. Maria Arenz wurde zum Amtsgericht nach Zell vorgeladen und sah sich dort Polizeiwachtmeistern aus Bullay und Umgebung gegenüber und mit einem Verhör konfrontiert. Sie war danach völlig eingeschüchtert und gab kurz darauf die Stelle auf und nahm auswärts eine Beschäftigung an.

Fleischrechnung der Metzgerei Kahn vom 21.12.1929.

Vor der Abreise von Hans Kahn (2. links) machte er ein Abschiedsfoto mit seiner Verlobten (links) und seiner Mutter (rechts).

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