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in der Nazi-Zeit die Treue gehalten hatten. Im September 1995 erfüllte sich sein Wunsch, die Heimat noch einmal zu besuchen, der Opfer des
Holocaust zu gedenken und die Erinnerung an jene, denen hier zu leben und zu sterben verwehrt war, wachzuhalten.
Martha Sänger und Walter Kahn zählen zu den annähernd 500 Juden, die im Landkreis Cochem-Zell im Jahre 1933 lebten. Mit weniger als 1% der Bevölkerung, entsprach der jüdische Bevölkerungsanteil hier dem Reichsdurchschnitt. Damals lebten in unserem Landkreis fast so viele bzw. wenige Juden wie heute in ganz Rheinland-Pfalz.
Die Anfänge jüdischer Geschichte reichen annähernd tausend Jahre zurück. Im ersten Kapitel wird diese Geschichte kurz zusammengefaßt und anhand von Beispielen aus der Region erläutert. Die Blüte jüdischer Gemeinden war bereits im 12. Jahrhundert erreicht. Wegen der Kreuzzüge, Anschuldigungen, Ritualmord begangen und Pest verursacht zu haben, wurden die Juden bis Ende des 14. Jahrhunderts verfolgt und vernichtet. Der Kurfürst von Trier reglementierte das Alltagsleben und die Anzahl der Juden in seinem Herrschaftsbereich bis Ende des 18. Jahrhunderts. Erst durch die napoleonischen Kriege, in denen die Errungenschaften der französischen Revolution, »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit«, auch in den linksrheinischen Gebieten bekannt wurden, änderte sich die rechtliche Stellung der Juden.
Wie sich im 19. Jahrhundert die jüdische Kultur immer stärker an der deutschen orientiert, läßt sich auch an den jüdischen Friedhöfen beobachten. Während die ältesten in unserer Region erhaltenen Grabinschriften – Beilstein (1818), Bullay (1831), Cochem (1836) – ausschließlich in Hebräisch geschrieben sind, werden sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend auf Deutsch verfaßt. Hildburg-Helene Thill, Prof. Leo Trepp und Martina Strehlen haben die Grabsteine aus dem Hebräischen übersetzt und so dazu beigetragen, daß die meisten Grabinschriften aufgezeichnet werden konnten. Frau Thill hat in einem Beitrag die Problematik der Friedhofsverwaltung nach dem Krieg erörtert.
Wie die Friedhöfe, so waren auch die Synagogen und jüdischen Schulen in »arischen Besitz« übergegangen. Von den neun Synagogen und Beträumen im Landkreis Cochem-Zell stehen die ehemaligen Synagogen in Beilstein und in Zell unter Denkmalschutz. Die jüdischen Gotteshäuser von Beilstein, Bruttig, Lutzerath und Treis waren schon vor der NS-Zeit aufgegeben worden, da viele Juden von den kleinen Landgemeinden in Städte zogen. Die 18 Gemeinden, in denen 1933 keine Juden mehr lebten, werden in einem gesonderten Kapitel beschrieben.

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