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Einleitung


Die vorliegende Dokumentation »Spuren der Vergangenheit – Jüdisches Leben im Landkreis Cochem-Zell« beschreibt die Geschichte der jüdischen Gemeinden und ihre Vernichtung während der NS-Zeit.
Das Buch entstand im Auftrag des Landkreises Cochem-Zell, der mich im Mai 1994 mit der Dokumentation betraute. Bis zu diesem Zeitpunkt standen die neun jüdischen Friedhöfe des Kreises noch nicht unter Denkmalschutz, und ehemalige Kreisbewohner, die wegen ihres jüdischen Glaubens ins Ausland geflüchtet waren, hatten von offizieller Stelle noch keine Einladung in ihre alte Heimat bekommen. Während die Unterschutzstellung der Friedhöfe lediglich das Schreiben von ein paar Akten bedeutete, erforderte die Einladung der jüdischen Exilanten einen großen Aufwand. Durch die finanzielle Unterstützung des Kultursommers Rheinland-Pfalz gelang es schließlich im September 1995, Mitglieder der ehemaligen Synagogengemeinde Zell einzuladen. Die Gäste besuchten jeden Tag die Schulen des Landkreises und erzählten den Schülern von ihrem Schicksal. Den Schülern und Jugendlichen ist die jüdische Kultur nicht aus der eigenen Erfahrungswelt bekannt, während die Besucher und ihre Kinder das heutige Deutschland kaum kennen. Den beiden unterschiedlichen Generationen aus unterschiedlichen Welten gelang es, das Eis des Schweigens zu brechen.
Für die jüdischen Zeitzeugen reißt die Konfrontation mit der Vergangenheit alte Wunden auf. Damals erwies sich ihr Glaube an ein liberales, kulturell hochstehendes Deutschland als Illusion. Sie erfuhren Ausgrenzungen und Angriffe von ihren »Freunden« und wurden als Ausgestoßene von ihrem Besitz vertrieben.
Ihre schmerzlichste Erfahrung ist, daß sie Eltern, Geschwister, Verwandte und Freunde in den Vernichtungslagern verloren haben. »Als Kind und später als junges Mädchen verbrachte ich oft fröhliche, wunderschöne Tage in Cochem bei meinen Verwandten, Familie Markus und Selma Hirsch. Es ist mir immer unfaßbar, wie man solch gutmütige, ehrenhafte Menschen auf solch unbarmherzige Weise ermorden konnte«, sagte Martha Sänger, die kurz vor der »Kristallnacht« mit ihrer Familie von Zell nach Palästina floh.
Die treibende Kraft, die dafür sorgte, daß die Begegnungswoche stattfand und zu einem Erfolg wurde, war Walter Kahn. »Die Steine der Heimat vergißt man nie«, hat der Bullayer im amerikanischen Exil immer wieder gesagt. Er pflegte den Kontakt mit allen, die wie er aus der Heimat vertrieben
worden waren und belohnte die »anständigen, braven Bullayer«, die ihm

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