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spreche ich Dir auf diesem Wege den Dank aller meiner Rassegenossen aus für die Treue, die Du uns in den schweren Tagen gehalten hast. Wir sind alle der felsenfesten Hoffnung, daß für uns nochmal die Trompeten von Jericho blasen werden. Dann werden wir mit großer Macht wieder in Kaisersesch einziehen und die bösen Nazis zum Teufel jagen. Dann bricht auch der Tag an, an dem wir die erwiesenen Wohltaten vergelten werden. Wir werden Dich in Amt und Würden bringen und Du sollst herrschen mit uns über die Goims. Dann wird der gelbe Stern, den uns die bösen Nazis angeheftet haben und mit dem sie uns verspotten wollten, der höchste Ordensstern im Staate sein.
Von den Weisen Zions8 habe ich heute schon den Auftrag, Dir lieber Freund diesen höchsten Orden zu verleihen. Es wird noch eine Zeit dauern, bis er Dir mit großer Feierlichkeit übergeben werden kann. Bewahre daher dieses Schreiben gut auf. Zeige es nicht den bösen Nazis, damit sie Dich nicht wie uns verfolgen.

Mit herzlichen Grüßen
Moritz Schmitz, Rabbiner

Während die Verwaltungsangestellten diesen Brief verfaßten, deportierten ihre Gesinnungsgenossen den 74jährigen Moritz Schmitz zu seiner Ermordung. Den Verfassern muß die Deportation nach Polen – vermutlich auch die Vernichtung – bekannt gewesen sein: »Wir ziehen der Sonne entgegen ins gelobte Land – Polen –, wo uns Jehowa eine neue Heimat bereitet hat und wo wir endlich vor den bösen Nazis Ruhe haben werden.«



Der Gedenkstein ist nach fünfzig Jahren an der Stelle angebracht worden, wo sich am 30.4.1942
die Kaisersescher Juden um 10 Uhr morgens einpfinden mußten und von der sie deportiert wurden.

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