Start    Einleitung    Geschichte    Gemeinden    Begegnungswoche 1995    Anmerkungen    Verlag


war unsere Religion und wir waren sehr patriotisch. Wie andere Deutsche Katholiken sind, so waren wir Juden. Plötzlich durften wir nicht mehr in die Schule, zum Tanzen, auf Parkbänken sitzen oder ins Schwimmbad gehen. Wir durften kein Radio besitzen und durften keine Haustiere mehr halten. Ein Verbot folgte dem anderen. Ich war das einzige jüdische Mädchen in Bad Bertrich, und ihr könnt Euch nicht vorstellen wie einsam ich war.«
In der Pause beobachten Erna Dorn und ihre Cousine Gerda Gardner wehmütig die Schüler. »Wir haben unsere Kindheit und unser Zuhause verloren«, sagt Gerda Gardner traurig.

Bei den Schulbesuchen in den kommenden Tagen entsteht jedesmal eine besondere Situation zwischen den Exilanten und den Schülern. Als Martha Sänger und ihre Tochter Ruth Jordner in Zell sprechen, hört die Klasse gebannt der Schilderung der beiden zu. In der Pause meint eine Schülerin: »Ich glaube, ich wäre nie mehr nach Zell zurückgekommen.«
Ob sie die Deutschen nicht hassen, wie sie sich jetzt hier fühlen, das sind Fragen, die immer wieder auftauchen. Gerade in Cochem, wo viele Schüler aktiv humanitäre Hilfe leisten und durch die Organisation »Schüler helfen Leben« Lastwagenladungen mit Nahrungsmitteln, Kleidung und

300  Seite 301   302