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In diesen Tagen wurden 11.000 Juden in das Lager Dachau, 10.000 nach Buchenwald und die übrigen in das Lager Sachsenhausen bei Berlin gebracht. 800 von ihnen haben die Lagerhaft nicht überlebt. Nur wer Auswanderungspapiere vorlegen konnte, wurde bevorzugt entlassen.
Paul Goetzoff, der letzte Kantor und jüdische Lehrer in Cochem wurde von der SA verhaftet und nach Dachau gebracht. Am 20. Januar 1939 wurde er, unter der Bedingung, binnen 24 Stunden nach Übersee auszureisen, entlassen. Ein Jahr später schrieb er unter dem Titel »Als Schutzhaftjude zehn Wochen in Dachau« seine Erlebnisse auf:
»An Bodenfläche hat das Konzentrationslager Dachau ungefähr die Größe eines mittleren Dorfes. Es hat annähernd die Form eines großen Kreises und ist ringsum von einer dicken grauen Mauer umgeben, die ihrerseits mit elektrischem Starkstromdraht umkleidet ist. Die bloße Berührung dieses Drahts bedeutet den sicheren Tod ... In D. waren in der Hauptsache drei Strafen gebräuchlich: Bunker, Baumhängen, Prügelstrafe. Der Bunker ist ein unterirdisches Verlies, eine Art Gefängnis, in dem die Zellen so eng sind, daß ein erwachsener Mensch darin gerade noch stehen konnte. »Stehende Särge« hießen sie bei den Gefangenen ... Die brutalste und gefürchteste Strafe war aber die Prügelstrafe, die in der Verabreichung von 25 Stockhieben aufs entblößte Gesäß in Anwesenheit aller Häftlinge bestand ... Manche Gefangene, die durch größere Nervosität oder aus sonst einem Grund das Aufsichtspersonal besonders reizen, werden regelmäßig und unaufhörlich geprügelt, so daß Selbstmord oft vielen als einzige Rettung erscheint.
Aber bei der Entlassung werden alle Häftlinge gezwungen, gute Behandlung mit ihrer eigenen Unterschrift zu bescheinigen. Besteht die Gefahr, daß die Spuren der erlittenen Mißhandlungen nicht mehr zu beseitigen sind, dann kann es dem Häftling passieren, daß er "auf der Flucht" erschossen wird.
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Hilfe bei der Emigration

Die Auswanderung setzte finanzielle Mittel und Auslandskenntnisse voraus, die viele Juden nicht besaßen. In dieser Situation übernahmen drei Organisationen die Auswandererhilfe: das Palästina-Amt für die Auswanderer nach Palästina, der Hilfsverein der deutschen Juden für die Auswanderung in alle übrigen Länder und die Hauptstelle für jüdische Wanderfürsorge für die Repatriierung oder Weiterwanderung der ausländischen Juden in Deutschland. Die drei

Wie alle jüdischen Männer zwischen 15-65 Jahren wurde auch der Lehrer Paul Goetzoff aus Cochem nach der »Kristallnacht« in Dachau eingeliefert. Ein Jahr später beschrieb er seine Erlebnisse in Dachau. Seine Frau und seine Tochter konnten nicht fliehen, und wurden zunächst nach Lodz verschleppt und dann ermordet.

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