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Am 20. Januar 1942 hatte, unter dem Vorsitz Heydrichs, die berüchtigte »Wannsee-Konferenz« stattgefunden, bei der es um die »Endlösung der Judenfrage« ging. Am 27. Juli 1942 war für die Bullayer Gustav und Lina Harf mit dem Sammeltransport »DA III/2 Trier/Koblenz – Theresienstadt« der Anfang vom Ende gekommen. Der Beginn dieser Fahrt in den Tod ist ausführlich dokumentiert, da 1948-1951 einige Prozesse vor Koblenzer Gerichten diesen Tag untersucht haben.16

In der Wohnung von Gustav und Lina Harf hatten sich, einen Tag vor dem Abtransport, weitere Juden aus der Moselumgebung und vom Hunsrück eingefunden. Sie alle verbrachten die Nacht in der Wohnung und wurden von dort am nächsten Morgen auf ein Pferdefuhrwerk verfrachtet und von lokalen Polizeibeamten und Parteigenossen zum Bullayer Bahnhof eskortiert, wo sie auf den von Trier kommenden Sammeltransportzug »umverladen« wurden.
Den Transport nach Theresienstadt kommentierte das Ehepaar Harf auf einer Karte, die Bullay erreichte, mit einem einzigen Satz: »Es war keine gute Fahrt«.

Theresienstadt war als »Altersghetto« besonders für ältere und gebrechliche Juden eingerichtet worden, war aber für zwei Drittel der Deportierten ein Durchgangslager zu den Vernichtungslagern im Osten. Das Ehepaar Gustav und Lina Harf wurde von Theresienstadt weiter nach Minsk in Rußland deportiert.

Der Soldat Felix Pütz aus Bullay erzählte damals einem Zeitzeugen bei einem Urlaub von der Front, daß er in Polen einen Gleisausbau überwachen mußte, als ein Zug mit Deportierten langsam vorbeirollte. Plötzlich schrie jemand: »Felix ... Felix ... Felix ... Felix ... Fel ..........« Felix Pütz erkannte ihn – und verlor ihn gleich wieder aus den Augen. Es war Gustav Harf und sein unbeantworteter Schrei – sein allerletzter Kontakt mit Bullay.

Im Gedenkbuch des Bundesarchives finden sich auf Seite 511 die Einträge für Gustav und Lina Harf, Bullay »verschollen in Minsk«. »Verschollen« ist ein euphemistischer Ausdruck. In der militärischen Sprache bedeutet er »umgekommen«. Umgebracht ist hier wohl der treffende Begriff.

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