einzuwandern, doch kein Land öffnete sich den Flüchtlingen vorbehaltlos, abgesehen von der Hafenstadt Shanghai.«
Wer zum Beispiel in die USA, die die meisten jüdischen Flüchtlinge aufnahmen, auswandern wollte, brauchte neben seinem Visum ein Affidavit, das ist die Zusicherung eines solventen amerikanischen Bürgers, den Unterhalt des Emigranten ganz zu zahlen, sollte dieser in Not geraten. Auch für andere Länder waren die Einwanderungsbedingungen schwer zu erfüllen, denn häufig verlangten die Staaten Einwanderer mit Vermögen, obgleich die Ausfuhr von Devisen aus dem Reich nahezu unmöglich war. Eine Arbeitserlaubnis erhielten lediglich Emigranten in bestimmten Mangelberufen.
»So waren Elend und Unsicherheit der Emigranten vorprogrammiert, und angesichts dieser Situation schoben viele Juden ihre Emigration auf, bis sie auch in Deutschland nichts mehr zu verlieren hatten, was ihre Chancen im Ausland weiter verschlechterte.«
Massenflucht nach der Reichspogromnacht
Die Vorgänge in der sogenannten Reichskristallnacht am 10. November 1938 enthüllten die Lebensbedrohung der deutschen Juden. Im Landkreis führten die Ausschreitungen zur Zerstörung von Kultgegenständen und Inneneinrichtungen in den Synagogen Cochem, Zell, Binningen, Kaisersesch, zur Verwüstung zahlreicher jüdischer Häuser und der Verhaftung aller jüdischen Männer zwischen 15 und 65 Jahren. Die Männer wurden in »Schutzhaft« genommen, angeblich um sie vor der wütenden Menge zu schützen.
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In der Nacht vor seiner Ausreise im August 1936 (siehe abgebildetes Ticket für die Überfahrt) mußte sich Walter Kahn aus Bullay das Lied »Wenn’s Judenblut vom Messer spritzt ...« anhören. Morgens stellte er sich mit seiner Mutter und seinem Bruder (links) für eine letzte Aufnahme in den Hof.
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