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, z.B. einen Gebetsmantel (hebr. Tallit) oder ein religiöses Buch, überreichen.
Bei streng religiösen Familien ist es heute noch Brauch, daß der Junge am Nachmittag der Feier sein Talmudwissen mit einem entsprechenden Vortrag beweist.
Die religiöse Volljährigkeit bedeutet, daß er nun als erwachsener Teilnehmer im Gottesdienst zum Minjan zählt und dazu beiträgt, daß ab zehn Erwachsenen ein Gottesdienst stattfinden kann. Er kann zur Thoralesung aufgerufen werden oder als Vorbeter fungieren. Wochentags muß er beim Morgengottesdienst die Gebetsriemen (hebr. Teffilin) anlegen und an Yom Kippur das Fastgebot einhalten.
Für Mädchen (Tochter, hebr. Bath) gibt es seit der Reformbewegung die Bath Mizwa. Die Pflichten der Frauen beziehen sich eher auf den Haushalt, z.B. den Segen am Sabbath zu sprechen. Heute gibt es sogar in Deutschland eine Rabbinerin.

Die Schüler von Paul Goetzoff erinnern sich an ihn mit großem Respekt. Er habe eine wunderbare Stimme gehabt. Seine Frau Rosa Gurfinkel, geboren am 17.12.1891, sei die einzige unter den Cochemer Juden gewesen, die Jiddisch beherrschte. Von den Kindern Arko Goetzoff, geboren am 29.12.1923, und Senta Goetzoff, geboren am 18.5.1929, erinnert man sich gut an Senta, die ein fröhliches Mädchen gewesen sein soll.
Am 9. November 1938 wurden die Bibliothek von Paul Goetzoff und die Cochemer Synagoge verwüstet. Er selbst wurde von der SA verhaftet und nach Dachau gebracht. Am 20. Januar 1939 wurde er unter der Bedingung, binnen 24 Stunden nach Übersee auszureisen, entlassen. Mit einem britischen Touristenvisum reiste er am 25. Januar in Haifa ein. Er ist 1960 in Ramat Gan (Israel) gestorben.

Seiner Frau und seiner Tochter gelang die Ausreise nicht mehr. Im Jahre 1941 wurden sie nach Lodz deportiert und dort ermordet. Seinem damals fünfzehnjährigen Sohn Arko, der heute in Israel lebt, gelang es noch im August 1939, Deutschland zu verlassen.
»Der arme Lehrer Goetzoff, der seine Frau und sein Töchterchen in Lodz verlor, begegnete uns eines Tages am Strand von Tel Aviv mit seinem Fotoapparat. Er ernährte sich kümmerlich durch Fotografieren. Wir luden ihn zu uns ein, aber er kam nicht ...«, schrieb Martha Sänger geb. Bender aus Zell am 14. Dezember 1994 in Raanana, Israel.

Am besten erinnern sich die ehemaligen Schüler der Jüdischen Schule in Cochem an die Tochter des Lehrers, Senta Goetzoff (Foto). Sie soll ein sehr fröhliches Mädchen gewesen sein. Im Alter von 12 Jahren wurde sie mit ihrer Mutter nach Lodz deportiert und ermordet.

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